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Titel
Die Würfel sind gefallen. Der Untergang der Römischen Republik


Autor(en)
Holland, Tom
Erschienen
Berlin 2004: ECON Verlag
Anzahl Seiten
445 S.
Preis
€ 22,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Daniel Schlaak, Institut für Geschichtswissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

"Die Würfel sind gefallen" - dieser angebliche Ausspruch Caesars 1 ist bis heute untrennbar mit der späten römischen Republik verbunden, mit ihrem Untergang, ihren Bürgerkriegen und dem facettenreichen Bild, in dem sie noch heute schimmert. Dieses vermeintliche Zitat Caesars gab denn auch der deutschen Ausgabe der 2003 im englischen Original erschienenen Arbeit zum Untergang der römischen Republik den Titel.2 Das Buch, so betont der Autor im Vorwort, ist als Einstiegswerk gedacht, als Einführung in der Form eines Lesebuches. Natürlich stellt sich die Frage nach der methodischen Machbarkeit, ein Lesebuch zu verfassen, ohne die Quellen lediglich auszuschreiben, ohne zu trivial zu werden oder gar in die Gattung des historischen Romans abzurutschen.

Eventuelle Zweifel zerstreuen sich jedoch sehr schnell. Der Stil Hollands ist ungewohnt, mag als locker bezeichnet werden und zeitweilig den Rahmen des wissenschaftlichen verlassen, dennoch erscheint er nicht unpassend; genauso wenig wie die treffenden Charakterisierungen, die Holland für die Hauptprotagonisten bietet. Und gerade hier liegt eine Stärke des Buches: Zwar gibt es eine Vielzahl von Einführungs- und Einstiegswerken zur römischen Antike, doch wurde sich in ihnen im Zuge einer Strukturgeschichte entweder ganz einer Charakterschilderung der Protagonisten enthalten oder man nutzte in der Wertung der Persönlichkeiten eine den heutigen moralischen Maßstäben entsprechende Wortwahl. Holland zeigt nun einerseits Verständnis für die historischen Prozesse und verzichtet andererseits in seinen Charakterisierungen auf moralisierende Wertungen vom Standpunkt der Neuzeit, sondern zeichnet die Charaktere vielmehr in ihrem Platz in der späten römischen Republik.

Gerade dies macht das Buch hervorragend geeignet, um sich als Neuling einen plastischen Einstieg in die Geschichte der späten römischen Republik zu verschaffen. Für eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Thematik ist es dagegen nicht geeignet: es bleibt ohne wissenschaftliche Fragestellungen, ohne Positionierung in der aktuellen Forschungsdiskussion und ohne Benutzung eines breiteren Spektrums an Forschungsliteratur. Da es von vorneherein als Lesebuch angelegt ist, wäre der Vorwurf, dass Holland nichts weiter täte, als die Vielzahl von Quellen pointiert wiederzugeben oder zusammenzufassen, aber sicher nicht gerechtfertigt. In seinem lobenswert umfangreichen Anmerkungsapparat gibt Holland fast ausschließlich die benutzten Quellen an. In welchen Fällen Holland auf die moderne Forschung zurückgegriffen hat, bleibt dem Leser ohne Vorkenntnis weitestgehend unklar. Für die weitere Beschäftigung mit dem Thema kann jedoch auf eine umfangreiche Bibliografie zurückgegriffen werden, die sowohl überaus breit gefächert ist als auch den aktuellen Forschungsstand widerspiegelt.

Holland beginnt seine Schilderung der Ereignisse der späten römischen Republik mit einem Exkurs über die römische Königszeit und die Entstehung des römischen Staatswesens. Er umreißt knapp die beginnende Expansion und die zunehmenden Konflikte innerhalb Roms. Im Anschluss spannt Holland den Bogen vom Ende Karthagos zum Beginn des Untergangs der Republik. Holland wählt dabei die Sibyllinischen Bücher als eine Art roten Faden, der sich von der Königszeit bis zum Beginn der Bürgerkriege zieht. Sie fungieren gleichsam als Einleitung in den beginnenden Untergang. Gold, unermesslicher Reichtum und die fast völlige Beherrschung des Mittelmeerraumes sind für Holland im zweiten Kapitel die einleitenden Ursachen für den Untergang der Republik, den Holland mit Sulla ansetzt. Für Beginn und Ende des Untergangs legt Holland jedoch keine eindeutigen chronologischen Fixpunkte fest, er begreift ihn vielmehr als Prozess, der langsam begann und endete.

Im Folgenden bietet Holland keine bloße chronologische Wiedergabe der Ereignisse: Die wichtigen historischen Ereignisse stellen eher eine Art Gerüst dar, um welche herum der Untergang der römischen Republik anschaulich geschildert wird. Viel Platz wendet Holland für die Darstellung der bekannten Protagonisten von ihrer "persönlichen" Seite auf. So schildert er Sulla als Frauenheld, als Mann der Halbwelt (S. 82), Caesar ist ein Spieler (S. 10). Hollands Augenmerk ist jedoch nicht allein auf diese großen Männer der Geschichte gerichtet, die Protagonisten der späten Republik werden mit ihren "Fehlern" vielmehr als exemplarische und prominenteste Vertreter dieser Laster begriffen. Holland gelingt es dabei zudem, eine ausgewogene Mischung aus Sozial-, Kultur- und Ereignisgeschichte zu erzielen. Dem Einsteiger wird so ein Verständnis für den römischen "Staat", die römischen Bürger, ihr Leben und ihr Zeitverständnis vermittelt.

Hollands Buch ist ein gelungenes und spannend geschriebenes Einstiegswerk. Es ist uneingeschränkt geeignet, dem Leser ohne Vorkenntnisse einen schnellen und unterhaltsamen Überblick zur späten römischen Republik zu verschaffen. Er erhält dabei auch ein erstes Verständnis für die römische Gesellschaft und die charakterlichen Züge der großen Einzelpersönlichkeiten der Epoche. Die ausführliche Bibliografie und der reich mit Quellen versehene Anmerkungsapparat regen zum weiteren Lesen an. Für ein tiefergehendes Studium der Geschichte der römischen Republik ist Holland jedoch wenig geeignet. Statt einen Spagat zwischen leicht zu fassender Einführung und wissenschaftlicher Darstellung auf der Grundlage des aktuellen Forschungsstandes zu wagen, hat sich Holland auf ersteres konzentriert, was ihm hervorragend gelungen ist. Andere Ansprüche hatte sich das Buch auch nicht gestellt.

Anmerkungen:
1 Plut. Caes. 32.
2 Rubicon, The Triumph and Tragedy of the Roman Republic, London 2003.

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